Heute, am 28.10.2010 ruft die ÖH zu einer Demonstration gegen die bei den Budgetverhandlungen beschlossene Kürzung der Familienbeihilfe auf. Diese gestalten sich derart, dass die Beihilfe für Jugendliche über 24 nicht mehr ausbezahlt wird, während die 13. nur mehr für 6-15jährige ausgeschüttet werden soll. Von den Kürzungen betroffen sind darüber hinaus arbeitssuchende Jugendliche zwischen 18 und 21 bzw. jene mit abgeschlossener Ausbildung, denen die Familienbeihilfe ebenfalls ersatzlos gestrichen wird. Dies betrifft natürlich in erste Linie die Menschen, die ohnehin sozial schwächer gestellt sind.

Neben Aktionen in Graz, Linz und Salzburg findet in Wien eine Großdemonstration statt, die um 16.00 Uhr vor der Universität Wien (Rampe) startet. Die Abschlusskundgebung findet um 18.00 am Oskar-Kokoschka Platz statt. Hier gibt’s die Demo-Route auf Google Maps.

Die Demonstrierenden werden dabei von folgenden Organisationen unterstützt: Unterstützende Organisationen: ÖH Bundesvertretung, ÖH Uni Wien, ÖH Bfi Wien,  ÖH TU Wien,  ÖH WU Wien, ÖH FH Campus Wien, ÖH Boku, ÖH Akademie der bildenden Künste, ÖH Uni Salzburg, ÖH Klagenfurt, #unibrennt, katholischer Familienverband, Österreichische Plattform für Alleinerziehende ÖPA, GPA-djp Jugend, M-Media, Integrationshaus, SOS Mitmensch, Wir machen uns stark, AG, FLÖ, GRAS, FEST, VSStÖ, AKS, KSV lili, KSV KJÖ, Young Caritas Wien, ATTAC, ÖGB, Bundesjugendvertretung BJV, ÖGJ, VIDA, VIDA Jugend, SJ, juridikum. zeitschrift für kritik|recht|gesellschaft, Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs, PRO GE, GPA.

Die Ereignisse rund um die Proteste gegen das Großbauprojekt Stuttgart 21 haben einmal mehr deutlich gemacht, dass nicht nur Demonstranten dazu neigen, die Verantwortung in der Masse abzugeben. Amnesty International Deutschland ruft daher mit einer Online-Kampagne zu mehr Transparenz und Menschenrechtsbildung im Polizeidienst auf. Die 4 wesentlichen Punkte lauten:

  • Kennzeichnungspflicht für Polizisten!
  • Menschenrechtsbildung der Polizei stärken!
  • Vorgänge in Polizeigewahrsam aufzeichnen!
  • Polizeiübergriffe unabhängig untersuchen!

Link | http://www.amnestypolizei.de/

Kurz vor 15.00 Uhr bot sich den TeilnehmerInnen der Vollversammlung der Hauptuniversität im U10 des Juridicums das übliche Bild. Ein brechend voller Hörsaal, Securities versperrten den Zugang. Der geneigte Beobachter, die geneigte Beobachterin kam nicht umhin, die Ironie zu bemerken, die diese von den Rektoren initiierte Vollversammlung von Beginn an begleitete. Die LED-Videowall, die über dem Eingang zum Juridicum angebracht wurde – und nebenbei bemerkt ständig ausfiel – konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Organisation den Studierenden einmal mehr nicht gerecht werden konnte (siehe Matthias Cremers Foto). Vielmehr noch: Unter den Anwesenden keimte der Verdacht, man wollte ihnen keine Stimme geben. Schließlich war es die ÖH, die zur regen Teilnahme aufrief, nicht die Uni Wien. Der zur Verfügung gestellte Hörsaal des Juridicum fasste nur etwa 0,44% der Studierenden der Universität Wien. Für die Inhalte der Vollversammlung waren hauptsächlich Rektoren und deren Gäste verantwortlich. Die Diskussion mit den Studierenden wurde auf 15 Minuten geschlechtsabwechselnde Redebeträge beschränkt, auf die Rektor Winckler nichts zu antworten hatte. Im Gegensatz zum letzten Herbst, bemühte er sich jedoch Gemeinsamkeit zu heucheln. Kaum jemand unter den Anwesenden gab sich damit zufrieden.

Die anschließende Großdemonstration mit 15 000 Menschen (dass die Polizei nur 7 000 zählte, liegt wohl an mangelnden arithmetischen Fähigkeiten) verlief friedlich bis zum Ballhausplatz. Tausende zitterten bei unfreundlichen Temperaturen vor dem Bundeskanzleramt und waren unzufrieden (obwohl einzelne Fakultätsversammlungen durchaus positiv verliefen). Darauf ist wohl auch die anschließend entstandene Dynamik zurückzuführen. Schon während der Abschlusskundgebung hatten Studierende den HS7 der Hauptuniversität zwecks alternativer Vollversammlung besetzt. Gemeinsam mit den vom Ballhausplatz rückkehrenden Demonstranten wanderte man Richtung Audimax. Im Gegensatz zum APA-Bericht und der Ankündigung der Uni Wien (Link) wurde die Türe jedoch nicht aufgebrochen. Sie war offen. Ein Lokalaugenschein bestätigte, dass keine der Türen beschädigt war.

Kaum drinnen begann das, was man aus der Herbstbesetzung schon kannte: Ein Diskussionsmarathon zwischen Radikalisierung der Bewegung und Sympathisierung mit den Rektoren. Viele schienen das Audimax jedoch mit dem Ziel einer Protesttagsabschlussparty und nicht mit Aussicht auf eine Besetzung betreten zu haben. Die politischen Aktivisten luden darauf hin alle Interessierten zur AG Blockade in den ehemaligen Presseraum der Aktivitäten im letzten Herbst ein. Dort war von Aktionen wie Straßenblockaden, Permanent Breakfasts und einer Besetzung des Wissenschaftsministeriums abseits des Audimax‘ die Rede, um einen neuerlichen innerstudentischen „Krieg“ zu vermeiden. Eine für 8.30 angesetzte Blockade wurde jedoch, wahrscheinlich auf Grund des Verlaufs der zurückliegenden Nacht, auf unbestimmte Zeit verschoben.

Dies trägt natürlich nicht unbedingt zur Glaubwürdigkeit des Studentenprotests bei. Doch was man aus der letzten Nacht mitnehmen kann, sind zwei Dinge:

1. Wir KÖNNEN, wenn wir WOLLEN!

2. Ruf ich im Audimax an – war besetzt!

Nachtrag: Eine spontane Kurzdemo fand heute Morgen am Ring vor der Uni Wien statt (Fotos). Der von Peter Pilz in seinem Blogeintrag als „natürlich unverhältnismäßig“ bezeichnete Polizeieinsatz, setzte dem Aufschrei gegen das Aushungern der Unis ein jähes Ende.

Die 14-jährige Araksya M. sollte am 14. Oktober direkt aus dem Unterricht zur Abschiebung geholt werden und tauchte unter. Sofern sie nicht wieder aufgetaucht wäre, wollte man ihre Mutter ohne sie abschieben. Auf Grund der heftigen Medienreaktion wurde die Abschiebung ausgesetzt und Araksya tauchte zum Glück wohlbehalten wieder auf. Doch sie und ihre Mutter haben Angst – zu recht.

„Setzen wir gemeinsam ein Zeichen für eine humane Asylpolitik und gegen die Law-and-Order-Politik der Eiskönigin Fekter.“ #ausmitraus

Link | http://ausmitraus.aks.at/

Nun, da etwa eine Woche ins Land gezogen ist, seit Mitzi Fekter stellvertretend ihres Amtes walten ließ und zwei 9jährige Mädchen von ihrer Mutter trennte, um sie mit dem Vater in den Kosovo zurück zu schicken, starten Diakonie, Caritas, SOS Kinderdorf und Amnesty-International eine Initiative: Heute Vormittag wurde den Nationalratsabgeordneten ein Brief übergeben, in dem ausdrücklich das Bekenntnis gefordert wird, dass Kinder nicht ins Gefängnis gehören. Was über die Grenzen unserer treuherzigen Bananenrepublik hinaus als nicht in Frage zu stellen behandelt wird, weil internationale Konvention, muss hier leider erst gefordert werden. Umso wichtiger das Anliegen!

Unterstütze die Petition mit deiner Unterschrift!

Link | http://www.gegen-unrecht.at

RGDr – Eine Wahlempfehlung

Veröffentlicht: 10. Oktober 2010 in Wahl(en)

Nur mehr wenige Stunden trennen die Wienerinnen und Wiener von der Öffnung der Wahllokale. Bei vielen hat der zurückliegende Wahlkampf, allerlei Grauslich- und Unnötigkeiten inklusive, Verwirrung, Enttäuschung und sogar ein bisschen Verzweiflung hinterlassen. Allumfassende Themenlosigkeit, interne Parteiquerelen, rechte Hetze, späte Wahlzuckerl – alles wie immer? Vielleicht hat man in der Slogan-Fabrik der FPÖ noch ein bisschen tiefer gegriffen als sonst, bei den Roten noch ein bisschen schwerfälliger reagiert, die Grünen haben noch ein bisschen mehr gestritten und die ÖVP hat sich noch ein bisserl mehr angebiedert, aber im Grunde war es doch genau wie erwartet. Die logische Konsequenz, von noxvobiscum auf Twitter zusammengefasst: „Frei nach Faust: Da steh ich nun, ich armer Wähler-Tor! Und bin so klug als wie zuvor.“

Es geht mir ähnlich, obwohl ich meine Wahl bereits vor eine Woche getroffen und mittels Briefwahlkarte besiegelt habe: Es war mit Sicherheit keine leichte Entscheidung. Allen Unentschlossenen seien daher folgende Überlegungen ans Herz gelegt. Dabei geht es bewusst nicht um Unterstützung für eine bestimmte Partei, wohl aber für eine grundsätzliche Richtung. Eine Richtung, von der ich überzeugt bin, dass sie im Vergleich zu Law&Order-Politik ohne Menschlichkeit und rechter Hetze, die gesamtgesellschaftlich gesehen, belebenste ist. Eine gute Richtung.

Ohne weiter auf die ungustiösen Seiten dieses Wahlkampfes einzugehen, gebe ich hiermit meine Wahlempfehlung ab, die da lautet: ROT – GRÜN – DUNKELROT. Oder anders gesagt: SPÖ – Die Grünen – KPÖ.

SPÖ oder Das ROTE Wien

Gerüchten zufolge geht die Zitation der „lebenswertesten Stadt der Welt“ auf eine Umfrage unter Personen in Managerpositionen zurück. Nichtsdestotrotz kann sich kaum jemand, der einmal das Wienerische in sich aufgesogen hat, wieder von der Stadt trennen (bis auf wenige Kilometer über die Stadtgrenze hinaus). Für einen Gutteil daran, was Wien so besonders und lebenswert macht, trägt durchaus die alleinregierende SPÖ die Verantwortung, auch wenn der Vorwurf des Stillstands und der Freunderlwirtschaft nicht von der Hand zu weisen ist. Michael Häupl hat es doch sehr bequem auf seinem Bürgermeister-Sessel und möchte diesen natürlich keinesfalls räumen müssen – jetzt, da er sich über die Jahre so schön eingerichtet hat. Eines ist klar: Es ist Zeit für ein bisschen frischen Wind. Es braucht neue Ideen und Konzepte zu den Bereichen Bildung, Integration, Umwelt, schlichtweg überall. Und der Verdacht liegt nahe, dass diesbezüglich nicht mit dem Michl zu rechnen ist. Trotzdem: Der Glaube an die Sozialdemokratie ist per se nichts Schlechtes, es bräuchte nur jemanden, der sich auf ihre Werte zurückbesinnt.

Wer also nicht anders kann, gibt seine Stimme der SPÖ – allerdings ohne Vorzugsstimme für Häupl.

GRÜN oder Eine Stimme für Nachhaltigkeit

Nach den medial ausgeschlachteten Zwistigkeiten, die in zwei Abspaltungen resultierten, war von den Grünen oft nur als „Chaos-Truppe“ die Rede. Vassilakou scheitere an ihrer Basis, so hieß es. Dabei fällt oftmals das unglaubliche Engagement aus dem Blickfeld, dass diese in den letzten Wochen mit Beisltouren, Rent-a-Green-Aktionen und dem 3-Tage-Wach-Container an den Tag gelegt haben. Kaum eine Partei hat so viele Meter hingelegt, um zu beweisen, dass ihnen dieses Wien eine Herzensangelegenheit ist. Und sie finden Antworten. Antworten auf Integrationsprobleme, soziale Missstände und Bildungsfragen, manchmal etwas utopisch, aber selten unkreativ. Manchmal unpopulär wie bei der City-Maut, aber stets darauf bedacht, möglichst nachhaltig zu arbeiten. Ein bisschen Vertrauen kann eigentlich nicht schaden, oder?

Wem’s liegt, der wähle die Grünen – mit Vorzugsstimme für Vassilakou.

KPÖ oder Ein dunkelroter Anstrich

Schon klar. Ihre Chancen stehen selbst mit Rückenwind aus der Steiermark denkbar schlecht, die Wahlberichterstattung behandelt sie wie das volksweisheitliche Stiefkind und eigentlich traut man diesen Kommunisten nicht so ganz – ein verrückter Haufen linkslinker Spinner. Zudem: Vom Wiener Spitzenkandidaten Didi Zach weiß man eigentlich wenig bis gar nichts. Kommt ja nie vor in der ZIB. Bei genauerer Recherche allerdings, stellt man fest, dass er ziemlich vernünftig wirkt. Wenig kommunistisch-romantisch, mehr praktisch-diskussionsbereit. Und gerade vor dem Hintergrund der Finanzkrise, die, weil doch nicht ganz sooooo schlimm, immer mehr in Vergessenheit gerät (die „unbedingt notwendigen“ Regulierungen des Finanzmarktes übrigens auch) ist die KPÖ ein relevanter Faktor, denn sie weiß, was die übrigen Parteien nur allzu gern unter den Tisch kehren: Der Kapitalismus – so wie er ist – hat Schwächen. Warum ihr nicht ein bisschen zuhören auf ihrem Spezialgebiet? Zudem zeichnet KPÖ-Mandatare, wenn auch in geringer Anzahl vorhanden, vor allem eines vor all ihren politischen Kollegen aus: Die gehaltstechnische Selbstbeschränkung auf Facharbeiterniveau. Der Rest wird für soziale Zwecke gespendet. Natürlich ist eine Stimme für die KPÖ realpolitisch gesehen, höchstwahrscheinlich ein Streich in die Luft. Möglicherweise sogar verschwendet. Aber ist es Verschwendung, wenn einem eigentlich keine andere Wahl bleibt?

Wer sích traut, macht ein Kreuz bei der KPÖ – und gibt seine Vorzugsstimme Didi Zach.

WahlTV: Stillstand beim Rotfunk

Veröffentlicht: 9. Oktober 2010 in Medien, Wahl(en)
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Wer bewusst und engagiert Wahlberichterstattung verfolgt, muss zu Masochismus neigen – eine Tatsache, die uns auch der „Kampf um Wien“ 2010 medial vor Augen geführt hat. Sei es die sedierende Elefantenrunde des ORF, die Schaukampfinszenierung auf ATV oder das vergleichsweise fast (sic!) angenehme Format von Puls 4, dabei zu sein, kostete oft Nerven und führte vielfach zu dem, was man seit dem fulminanten Erfolg von „Assi-TV“ unter dem Begriff fremdschämen versteht.

Dabei machte ausgerechnet PULS4, eine Tochter der ProSiebenSat.1 Media EG, mit „Wahl 2010 – Der Kampf um Wien“ die beste Figur. Obwohl man sich auch hier konzeptuell auf die von der FPÖ inszenierte, aber real inexistente Schlacht um Wien einließ und die Diskussion einem Boxkampf nachempfunden in Runden einteilte, an deren Ende jeweils ein Sieger durch eine vierköpfige Journalisten-Jury gewählt wurde, konnte der kleinste österreichische Sender punkten. Während die Redaktion hinter Moderatorin Manuela Raidl auf Information und Sachlichkeit setzte, nannte der ihr zur Seite gestellte Kabarettist Florian Scheuba die Dinge beim Namen und urteilte über den Schwiegersohn der Nation Karl-Heinz Grasser: „Es gibt Leute, die den Hals nicht voll genug kriegen“. Auch thematisch bot PULS4 schon in den ersten zehn Minuten mehr als aus dem ATV-Gackerlsackerl zu holen war: Wehrpflicht, Homosexualität, Integration. Allerdings arbeitete man nicht pannenfrei: So ließ das zu nah am Headset positionierte Mikrofon der Moderatorin durchblicken, dass in erster Linie die Redaktion und nicht sie selbst für Kommentare und Einwürfe verantwortlich war. In einer Zuspielung erhielt die fragende Dame eine „Heinz-Christian Strache“-Bauchbinde, während man selbigen beim kostenpflichtigen Telefonvoting als „Hans-Christian Strache“ aufführte. Die Schaltung dieser vierminütigen Abstimmung durch Anrufe bei Mehrwertnummern holte das Publikum abschließend wieder in die Welt des Privatfernsehens (und seiner Finanzierung) zurück, wie auch die Jury, die einen Vertreter einer „echten“ Qualitätszeitung vermissen ließ. Alles Boulevard? Nein. Und der Live-Stream funktionierte.

Anders bei ATVs „Meine Wahl – Match um Wien“: Die offensive Werbe-Strategie um das Event in der Stadthalle führte nicht nur zum Offline-Quotenerfolg, sondern auch zur Überlastung des Live-Streams. In einem Szenario, dass an Gladiatorenkämpfe im Kolosseum erinnerte, versuchten sich das Moderatoren-Team Sylvia Saringer und Meinrad Knapp und die Spitzenkandidaten Michael Häupl, Christine Marek, Maria Vassilakou und Heinz-Christian Strache gegen die Länderspielatmosphäre durchzusetzen, die die angekarten Partei-Fans verursachten und wirkten dabei ziemlich zahnlos. ATV-Redakteur Martin Thür sieht das naturgemäß anders: Die Sendung bereits in seinem Blogeintrag kommentiert, aber die Freischaltung vermissend, erlaube ich mir, die zeitnähere Kritik hier noch einmal anzuführen:

„Bei soviel Selbstbeweihräucherung kann ich mich nur wundern. Nicht nur, dass (die Sendung) tatsächlich nichts von einer informativen Diskussion, sondern eher Eigenschaften von allen anderen als Kritik angeführten Dingen hatte: Schaukampf, Kasperltheater, Hexenkessel.

Die Lobhudelei bezüglich Recherche lässt sich ohne zu suchen gleich an einem einzigen Beispiel außer Kraft setzen: Der zitierte Hubert Sickinger twitterte während der Sendung “Nett, bei #atv #meinewahl zitiert zu werden, aber das war Fehlinterpretation.” und “Und die Untersuchung war eine Umfrage unter führenden BezirkspolitikerInnen, keine Repräsentativumfrage in der Bevölkerung #atv #meinewahl” und “Ui, meine Untersuchung war aber 1. auf die Bezirkspolitik bezogen und ist 2. fünf Jahre alt 🙂 http://is.gd/fINvd #atv #meinewahl”. Das kostete mich bspw. nicht ein bisschen Recherche.

Natürlich ist zumindest begrüßenswert, dass ATV Politik, soweit es einem Privatsender eben möglich ist, Ernst nimmt. Auch den Mut ein neues Format zu starten, kann man bewundern. Dass dieses Set-Up jedoch zu nichts anderem führen kann als Ländermatch-Atmosphäre, insbesondere, wenn man Fanblöcke ankarrt, ist keineswegs nur ein Resultat. Das ist eine Erwartung.

“Noch nie in Österreich hat jemand ein derartig aufweniges Studio (die drei teuersten Projektoren des Landes, 100 Tonnen Scheinwerfer, 24 Meter Leinwand, bis zu sieben Meter hohe Holzsäulen) in nur 14 Stunden gebaut, danach geprobt, gesendet und wieder abgebaut.”

Was das betrifft: Nett, nur halt nicht zielführend (und werbefinanziert 😉 ). Ich bitte, sich als Positivbeispiel folgende Debatte anzusehen, die weder die teuersten Scheinwerfer noch sonstige Technik bei der Abstimmung (Wahlurne & Zetterl) brauchte und trotzdem soviel mehr Inhalt zuließ:

http://www.youtube.com/watch?v=DmFYpuYh6w0&feature=related

Eine Erweiterung durch Social Media wäre natürlich obligatorisch. Dennoch kann sich ATV, meiner Meinung nach, in Sachen Stil und Konzept da einiges abschaun.“

Dass man in einer Fragerunde zum Thema Bildung sogar vergaß, Straches Antwort einzuholen, war weniger unprofessionell – Fehler passieren – als Meinrad Knapps lapidarer Kommentar dazu: Sonst melde sich der FPÖ-Kandidat doch auch besonders laut zu Wort.

Der ORF löste seine Verpflichtung in Sachen Bildungsauftrag in klassischer Manier: Um 11.05, die Ausstrahlung auf das Bundesland Wien beschränkt, diskutierte man bei Chef-Redakteur Paul Tesarek besonnen über Koalition, Integration und Bildung. Ganz öffentlich-rechtlich kam man ohne das dem Privatfernsehen eigentümliche Drama-Moment, aber auch Innovationen aus, was vor allem eines hervorrief: Gähnende Langeweile. Während die Privaten dem Rotfunk langsam den Rang ablaufen, bleibt dieser auch 2010 dem Stillstand treu und könnte möglicherweise in Sachen Qualitätsmonopol Boden verlieren. Bis zur Nationalratswahl 2012 sollte man die Ideenkiste also dringend auf den Kopf stellen.

Ahoi!

Veröffentlicht: 9. Oktober 2010 in Editorial
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Nach einer holprigen und ausfallbelasteten Demo-Runde wagen wir den (Neu)Start!

No prey, no pay!